Erzeugung eines Maßsystems mit definiertem Überlauf (Rundtischanwendung)

Frage:
Bei Rundtischen und ähnlichen Anwendungen kommen häufig zyklische Maßsysteme zum Einsatz (z. B. 0,0 ... 360,0 °). Diese bilden einen maschinenseitigen Takt ab. Wird diese maschinenseitige Taktlänge (z. B. 360,0 °) in eine inkrementelle Größe konvertiert, ergibt sich mit Hilfe der Getriebeübersetzung (Zähler-/Nennerterm) und der Vorschubkonstante ein inkrementeller Wert, der unter Umständen einen Nachkommaanteil besitzt. Nachkommaanteile in inkrementellen Größen werden jedoch nicht in den vorhandenen Integratorbausteinen (PHINT3, PHINT4) mit zyklischem Überlauf berücksichtigt.

Gibt es dennoch eine Möglichkeit, auch bei inkrementellen Taktlängen mit Nachkommaanteil ein Maßsystem für eine Rundtischapplikation abzubilden?

Antwort:
Wenn die Integratoren PHINT3 oder besser PHINT4 zum Abbilden des Rundtisch-Maßsystems verwendet werden sollen, ist eine inkrementell ganzzahlige Taktlänge Voraussetzung, um das Maßsystem dauerhaft driftfrei nachbilden zu können. Somit muss eine imaginäre Taktlänge geschaffen werden, die gegenüber der realen inkrementellen Taktlänge mit Nachkommanateil keinen Nachkommaanteil aufweist. Um die Eigenbewegung der Achse vom realen in das imaginäre Maßsystem zu wandeln, können Konvertierungsbausteine (z. B. CONV3) verwendet werden, die in ihrem Zähler-/Nenner-Verhältnis entsprechend eingestellt sind.
Sollen in umgekehrter Richtung Bewegungsprofile, die sich leicht im imaginären Maßsystem berechnen lassen (z. B. Positionierungen über den RFGPH2-Funktionsblock), im realen Maßsystem ausgeführt werden (Bewegung der Achse), kann ein weiterer Konvertierungsbaustein (z. B. CONV4) eingesetzt werden, der als Zähler-/Nenner-Bewertung das umgekehrte Verhältnis wie der Konvertierungsbaustein vom realen ins imaginäre Maßsystem verwendet.

Beispiel:
Ein Rundtisch wird über einen Antrieb mit einer Getriebeübersetzung von 43 : 54 und eine Vorschubkonstante von 360 °/rev angetrieben. Eine Taktlänge von 360 ° ergibt sich inkrementell folglich zu
Taktlänge[Inkr.]  =  360 [°] * 65536 [Inkr.] / 360 [°/rev] * (43 / 54)  =  52186,0740740740729962...

Im imaginären Maßsystem soll eine Maschinentaktlänge von 360 ° mit Hilfe des Funktionsblocks PHINT4 auf eine ganzzahlige inkrementelleTaktlänge von 65536 Inkr. abgebildet werden. Um die Eigenbewegung des Antriebes abzubilden, wird das Winkeldifferenzsignal MCTRL-PHI-ACT genutzt. Beim Berechnen der Eigenbewegung im imaginären Maßsystem muss folglich die Getriebeübersetzung in der Zähler-/Nenner-Bewertung des Konverterblocks berücksichtigt werden (Zähler = 54, Nenner = 43). Die Obergrenze des PHINT4-Funktionsblocks ist entsprechend 65536 Inkrementen zu setzen, damit der Funktionsblock an der imaginären Taktgrenze überläuft.

Bei der Vorgabe von Bewegungsprofilen im imaginären Maßsystem wird umgekehrt vorgegangen: Hier muss eine Bewertung des Winkeldifferenzsignals  im Verhältnis 43 : 54 erfolgen. Die an das reale Maßsystem angepasste Winkelgeschwindigkeit kann z. B. über den Eingang CCTRL-NSET2 an den MCTRL-Funktionsblock weitergegeben werden und führt dort zur gewünschten Bewegung.

Tipp: Die imaginäre Taktlänge sollte stets ähnlich der realen Taktlänge gewählt werden. Damit ergeben sich resultierende Bewertungsfaktoren in den CONVx-Funktionsblöcken, die Werte nahe 1 annehmen. Restwertspeicherungen in den Konverterblöcken würden andernfalls unter Umständen zu ungewünschten Sprüngen im Sollwertsignal führen können.

Anmerkung: Die dargestellte Funktionsblockverschaltung stellt anschaulich die Konvertierungen zwischen realem und imaginärem Maßsystem dar. Sie stellt jedoch keine eigenständig lauffähige Parametrierung dar, sondern muss vom Anwender entsprechend den geforderten Funktionalitäten ergänzt werden. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Funktionsblöcke lässt sich die Bildung des Maßsystems für eine Rundtischanwendung einfach mit der elektronischen Kurvenscheibe 9300EK umsetzen. Die einzeln betrachtete Funktion hängt nicht unmittelbar mit der Kurventechnik zusammen und verwendet keine Kurven-Funktionsblöcke.

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