Frage:
Welche Abgleich-Strategie ist für den Positions- und Drehzahlregler zu empfehlen, um optimale Reglereinstellungen zu erhalten?
Antwort:
Servo-Inverter i950, i700 und andere Antriebsregler:
In der Praxis ist zur Optimierung der Reglereinstellungen für den Positions- und Drehzahlregelkreis die Abgleich-Strategie nach Ziegler & Nichols zu empfehlen.
Mit den so ermittelten Reglereinstellungen wird ein für den realen Maschinenbetrieb bestmögliches dynamisches Antriebsverhalten erreicht. Insbesondere in Hinsicht auf Stabilität, Schleppfehler-Verlauf, Positionstreue und Zieleinlaufverhalten.
"Weniger ist mehr" steht für folgende Erkenntnis:
- Zumeist ist es nicht sinnvoll, die Verstärkung des Drehzahlreglers (Vpn) maximal hoch einzustellen, etwa bis nahe heran an die Stabilitätsgrenze.
- Viel besser ist es, Vpn bewusst deutlich kleiner einzustellen (weniger ist mehr) und im Gegenzug die Verstärkung des Positionsreglers Vpp höher einzustellen.
- Im Ergebnis ergibt sich ein Minimum beim Güte-Kriterium für die Optimierung, dem "quadratischen Schleppfehler" und
- es wird ein angemessener Abstand zur Stabilitätsgrenze eingehalten (Stabilitätsreserve).
Dies gewährleistet in allen Betriebszuständen der Maschine einen sichereren (stabilen) Betrieb, auch wenn sich die Strecken- oder Umgebungsparameter während des Betriebs leicht verändern.
Quadratischer Schleppfehler als Funktion der Vp-Einstellungen von Drehzahl- und Positionsregler (beispielhafte Messung):
Wie das obige Diagramm zu lesen ist:
Das Schleppfehler-Verhalten wird durch die unterschiedlichen Farben dargestellt. Die Farbskala rechts gibt die Güte an (dunkelblau = am besten).
Im Bereich oberhalb der Grenzlinie von blau nach weiß (Stabilitätsgrenze) ist das Antriebsverhalten instabil und das Antriebssystem bildet eine grenzstabile Schwingung aus.
Die grünen Linien und Punkte skizzieren die Schritte zum Reglerabgleich nach Ziegler & Nichols:
- Drehzahlregler Vpn bis an die Stabilitätsgrenze erhöhen und anschließend auf 45% des Maximalwerts reduzieren
- Positionsregler Vpp bis an die Stabilitätsgrenze erhöhen und auf den halben Wert reduzieren.
Die so nach Ziegler&Nichols ermittelte Vpn/Vpp-Kombination stellt ein Praxis-gerechtes Optimum dar (Güte-Kriterium, Abstand zur Stabilitätsgrenze).
Gedankenspiel:
würde die Verstärkung Vpn des Drehzahlreglers auf einen Maximalwert, knapp unterhalb der Stabilitätsgrenze, eingestellt, könnte die Verstärkung Vpp des Positionsreglers nur noch gering erhöht werden (X-Richtung). Bei einer solchen Vpn/Vpp-Kombination würde das Güte-Kriterium zumeist im rot-gelben Bereich liegen und der Abstand zur Stabilitätsgrenze wäre gering. Insgesamt ist dies also keine optimale Einstellung.
AutoTuning Funktion:
AutoTuning ist ein automatisiertes Verfahren zur Optimierung der Reglereinstellungen unter Verwendung der hier beschriebenen Abgleich-Strategie nach Ziegler-Nichols.
Für folgende Gerätereihen von Lenze steht die Funktion Auto-Tuning zur Verfügung:
- Servoumrichter i950 ab Firmware V01.06.04
- Servoumrichter i700 ab Firmware V02.16.00
Hintergrund-Informationen:
Positions- und Drehzahlregelkreis:
Die optimalen Reglereinstellungen für diese beiden Regelkreise werden im Wesentlichen durch die Eigenschaften der Regelstrecke, also der Maschine selbst, beeinflusst.
Die Streckeneigenschaften sind zumeist im Vorfeld nicht exakt bekannt: Massenträgheitsmoment der Last-Mechanik, Verhältnis zwischen den Massenträgheitsmomenten von Last und Motor (kJ), Getriebelose, Elastizitäten, Torsionseinflüsse, Reibungskräfte innerhalb der Mechanik. Die Streckeneigenschaften können sich auch während des Betriebs verändern.
Die Reglereinstellungen können daher nur bedingt optimal voreingestellt werden. Ein Reglerabgleich bei der Inbetriebnahme der fertigen Maschine ist zumeist erforderlich.
Stromregler-Einstellungen:
Im Gegensatz zu den überlagerten Regelkreisen sind für den Abgleich des unterlagerten Stromregelkreises nur die elektrischen Daten des Motors und des Antriebsreglers bestimmend. Die mechanischen Kenngrößen der anzutreibenden Maschine haben hingegen keine Auswirkung auf die Stromregler-Einstellungen.
Für Lenze-Motoren können daher die optimalen Stromregler-Einstellungen bereits per Katalog voreingestellt werden. Im Normalfall sind dann keine weiteren Anpassungen erforderlich.
Gütekriterium "Quadratischer Schleppfehler":
Ein Gütekriterium zur Bewertung des Antriebsverhaltens ist ein Minimum des quadratischen Schleppfehlers während einer Positionierfahrt. Das Verhalten während der Rampen und speziell beim Zieleinlauf steht zumeist besonders im Fokus. Durch das Quadrieren des auftretenden Schleppfehlerverlaufs werden die prinzipbedingt größeren Positionsabweichungen in den Beschleunigungs- und Verzögerungsphasen gegenüber dem Verhalten während der Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit höher gewichtet.