Frequenzumrichter/Servo-Umrichter: Max. erreichbares Drehmoment u.U. bei U/f-Betrieb höher als bei Servoregelung?

Frage:
Kann es vorkommen, dass ein Motor, der mit dem rein gesteuerten Verfahren 'U/f-Kennlinensteuerung' betrieben wird, ein höheres maximales Drehmoment erreichen kann, als beim Betrieb des gleichen Motors in der Strom-geregelten Motor-Betriebsart 'Servoregelung'?
Wie ließe sich das begründen?

Antwort:
In der Tat kann es unter bestimmten Umständen vorkommen, dass bei U/f-Kennlinienbetrieb ein höheres maximales Drehmoment erreichbar ist, als bei Servoregelung. Anhand von Zugkraftmessungen an einer Testanlage mit der Möglichkeit die Last auf eine für vergleichende Messungen geeignete Weise zu verändern, konnte dies nachgewiesen werden. Bei gleich hoch eingestelltem Motorstrom wurde im U/f-Kennlinenbetrieb ein etwas höheres Drehmoment erreicht.
Dieses Drehmoment-Verhalten lässt sich anhand der verschiedenartigen Philosophien der beiden Verfahren erklären:

U/f-Kennlinien-Steuerung:
Dieses rein gesteuerte Verfahren wird bei einfachen Frequenzumrichtern verwendet. Der Motor wird mit einer Wechselspannung gespeist und deren 'Spannungs-Amplitude' und 'Frequenz' gestellt. Daraus resultierend und abhängig vom aktuellen Belastungszustand des Motors, stellt sich dann der Motorstrom ein. Der Motor 'findet' hierbei 'automatisch' einen optimalen Ausgleich zwischen Erregungs- und Wirkkomponente des Motorstromes, so dass maximales Drehmoment entsteht.
Dem kleinen Vorteil in Hinsicht auf das erreichbare Drehmoment stehen Nachteile in Bezug auf das dynamische Antriebsverhalten gegenüber. Bei schnellen Last- oder Sollwert-Änderungen, etwa durch überlagerte Regelkreise, sind die regelungstechnischen Eingriffsmöglichkeiten beim U/f-Betrieb deutlich eingeschränkter, als bei Servoregelung. Insbesondere die Kontrolle des Motorstroms findet prinzipbedingt in einem relativ langsamen Regelkreis statt.

Servoregelung (Strom-geregeltes Verfahren):
Die Servoregelung ist ein Strom-geregeltes Verfahren und benötigt daher entsprechende Sensorik. Die Hardware eines Servo-Umrichters ist daher entsprechend aufwäniger. Die Servoregelung bietet dafür jedoch weitaus schnellere Eingriffsmöglichkeiten, weil neben der Spannungs-Amplitude und der Frequenz auch noch die Phasenlage des Stromes angepasst werden kann. Insbesondere durch die Möglichkeit des Eingriffs auf die Phasenlage sind sehr schnelle Strom- und damit Drehmoment-Änderungen möglich. Dies ist wiederum Voraussetzung für dynamisches Antriebsverhalten, das erforderlich ist, wenn die überlagerten Drehzahl- und Lageregelkreise dynamisch eingestellt werden sollen / müssen.
Die Servoregelung basiert auf einem Motormodell zur Nachbildung des realen Motor und regelt die Magnetisierungs- und die Wirkkomponente des Motorstromes unabhängig von einander, wodurch die dynamischen Eigenschaften deutlich verbessert werden. 
In Hinsicht auf das erreichbare Drehmoment sind die eingegebenen Motorparameter von großer Bedeutung. Die Servoregelung zwingt dem Motor einen Arbeitspunkt auf, der sich aus dem Motormodell ergibt. Bei Abweichungen zwischen eingestellten und realen Motorparametern kann dieser Arbeitspunkt mehr oder weniger neben dem Drehmoment-mäßig optimalen Arbeitspunkt liegen.

Insbesondere der Parameter 'Motor-Bemessungsdrehzahl' hat hier großen Einfluss.
Weicht dieser Wert im Bereich von 5 bis 10 rpm von der tatsächlichen Bemessungs-Drehzahl ab, dann ist eine größere Reduzierung des erreichbaren Drehmomentes plausibel.
Der Einfluss ist um so stärker, je steiler die Drehmoment-Kennlinie des Motors verläuft, sprich: je geringer der Nennschlupf ist.

Empfehlungen für Messungen und empirische Optimierung bei Servoregelung:
  • Variieren der Motor-Bemessungs-Drehzahl in kleinen Schritten und gleichzeitige Beobachtung des Drehmoment-Verhaltens
  • Möglichkeit, die Bemessungs-Drehzahl zu ermitteln: Motor im U/f-Betrieb mit Bemessungs-Drehmoment belasten und die Drehzahl messen. Diese dann als Bemessungs-Drehzahl einstellen.


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